„Stadtbild“ und Empörungsmaschinerie – Differenzieren statt Pauschalisieren
Die Debatte, die Friedrich Merz mit seiner Äußerung über das „Problem im Stadtbild“ ausgelöst hat, zeigt, wie stark politische Diskussionen in Deutschland von reflexhafter Empörung geprägt sind: Kaum war der Satz gefallen, brach ein Sturm der Entrüstung los. Statt sachlicher Auseinandersetzung dominierten moralische Pauschalurteile.
„Wir erleben keinen Streit um Inhalte, sondern einen Wettbewerb in moralischer Empörung“, sagt Gudrun Bierbrauer-Haupenthal, stellvertretende Vorsitzende der FDP Saar. Diese Empörungsmaschinerie, angeführt von bekannten Stimmen der politischen Linken, offenbart eine beunruhigende Doppelmoral: Laut, wenn es um symbolische Empörung ohne Risiko geht, aber still, wenn Haltung Mut erfordert. Wenn antisemitische oder islamistische Parolen auf den Straßen deutlich zu vernehmen sind, bleibt es ruhig bei denen, die sonst so schnell „Rassismus!“ rufen. „Das ist Scheinheiligkeit par excellence“, so Bierbrauer-Haupenthal.
Natürlich war Merz’ Formulierung unglücklich. Doch statt ihn vorschnell zu verurteilen, sollte gefragt werden: Welche Probleme gibt es? Geht es um mangelnde Integration, um kulturelle Parallelstrukturen, um Kriminalität oder schlicht um subjektive Wahrnehmung von Unsicherheit? Diese Fragen zu stellen, wäre Aufgabe einer ernsthaften und ehrlichen Debatte. Denn „die Probleme der Innenstädte sind vielfältig. Eines davon ist das von Merz angesprochene Thema. Es nicht anzusprechen, wäre verantwortungslos“, so Angelika Hießerich-Peter, Landesvorsitzende der FDP Saar. Gleichzeitig erwarten die Menschen nachvollziehbare Lösungen und sie erwarten, dass Recht und Gesetz in einem wehrhaften Rechtsstaat konsequent durchgesetzt werden. Wer aber erlebt, dass Regelverstöße folgenlos bleiben, verliert Respekt vor Staat und Gesellschaft. „Zudem müssen wir den Blick stärker auf die Frauen richten, auf die vielen aufgeklärten, selbstbewussten und realistischen Töchter dieser Gesellschaft“, fordert Hießerich-Peter. „Diese modernen, selbstbestimmten Frauen wollen sich nicht länger von einer moralisierenden Linken vereinnahmen oder als Opfer politisch instrumentalisieren lassen. Emanzipation heißt Eigenständigkeit - nicht Fremdzuschreibung.“ Und mit Blick auf die gestrige Aussage Lars Klingbeils warnt Bierbrauer-Haupenthal:„Vielfalt ist erstrebenswert, aber sie ist kein Dogma. Wer Vielfalt zur moralischen Pflicht erhebt und dabei reale Probleme leugnet und verdrängt, schwächt das Vertrauen in unsere offene Gesellschaft.“ Gesellschaftlicher Frieden entsteht nicht durch Empörung, sondern durch Ehrlichkeit; und durch den Mut, unbequeme Wahrheiten auszuhalten, Probleme zu benennen und sie zu lösen.