Modernisierungsagenda des Bundes ignoriert Realität von Ländern und Kommunen

Die vom Bundeskabinett beschlossene „Modernisierungsagenda für Staat und Verwaltung“ bleibt weit hinter den Erwartungen zurück. Auf 37 Seiten hat das Ministerium für Digitalisierung ein Sammelsurium an längst bekannten Ideen zusammengestellt – neu verpackt, aber ohne echte Substanz.
Das zentrale Problem: Die Agenda blendet die entscheidende Ebene aus – Länder und Kommunen. Dabei finden über 90 Prozent aller Verwaltungskontakte von Bürgerinnen, Bürgern und Unternehmen genau dort statt. Ohne die Einbindung dieser Ebenen kann keine Digitalstrategie Wirkung entfalten.
„Die Modernisierung des Staates entscheidet sich nicht in Bundesministerien, sondern in Rathäusern, Landratsämtern und Landesbehörden“, betont FDP-Generalsekretär Hanno Thewes. „Wer diese Realität ignoriert, produziert nur Papier, aber keine Entlastung.“
Wie schon beim gescheiterten Onlinezugangsgesetz setzt der Bund auf Ziele ohne Messbarkeit. Bürger und Unternehmen sollen „wahrnehmen, dass sie in sechs Monaten von Bürokratie entlastet werden“. Doch welche Kennzahlen gelten? Wie wird das überprüft? Die Agenda bleibt die Antwort schuldig – und schon jetzt ist klar, dass die Erwartungen im März 2026 enttäuscht werden.
Statt konkreter Maßnahmen setzt das Papier auf technokratische Worthülsen: „Standards für Erfolgsindikatoren ex-post evaluieren“ oder „Sounding Boards für Praxisimpulse“ – das klingt nach Digitalisierung, bleibt aber inhaltsleer.
Auch beim Zukunftsthema Künstliche Intelligenz beschränkt sich der Bund auf das Ziel, bis 2028 gerade einmal „sechs Aufgaben in der Bundesverwaltung“ zu vereinfachen – ein Armutszeugnis angesichts der Dynamik dieses Feldes.
„Während andere Staaten längst ganze Verwaltungsprozesse KI-gestützt neu denken, begnügt sich der Bund mit Pilotprojekten im Promillebereich“, kritisiert Thewes. „Wer so handelt, riskiert, dass Deutschland den Anschluss verliert.“
Fazit: Die Modernisierungsagenda ist alter Wein in neuen Schläuchen. Sie verliert sich in Nebenschauplätzen und verfehlt den Kern – die tatsächliche Entlastung von Bürgern, Unternehmen und Verwaltungen vor Ort.
Statt verbindlicher Standards und klarer Zuständigkeiten liefert das Papier Prüfaufträge und Konjunktive. So wird aus Bürokratieabbau kein Fortschritt, sondern nur die nächste Enttäuschung.