FDP Saar warnt: Bildung verliert an Substanz

Im Saarland verschärft sich die Bildungskrise weiter. Immer mehr Jugendliche verlassen die Schule ohne Abschluss und die Leistungen in Mathematik und Naturwissenschaften sinken auf ein alarmierendes Niveau. Laut dem aktuellen IQB-Bildungstrend verfehlt über ein Drittel der saarländischen Schüler die Mindeststandards in Mathematik. Auch in den Naturwissenschaften liegt das Land deutlich unter dem Bundesdurchschnitt. „Wir haben es längst nicht mehr nur mit Wissenslücken zu tun, sondern mit einem Verlust an grundlegenden kognitiven Fähigkeiten“, warnt Gudrun Bierbrauer-Haupenthal, stellvertretende Landesvorsitzende der FDP Saar. „Zu viele Schüler sind nicht mehr in der Lage, Zusammenhänge zu verstehen, Aufgaben zu strukturieren oder ihre Gedanken zu formulieren. Sie können dem Unterricht schlicht kognitiv nicht mehr folgen. Das ist eine Bildungskatastrophe.“
Die FDP Saar sieht die Ursachen in einem Schulsystem, das Leistungsunterschiede ignoriert, Kinder zu früh und zu unvorbereitet einschult und sie trotz gravierender Defizite weiterversetzt. Auch fehlende Sprachförderung, überfüllte Klassen und auch ein Übermaß an Bürokratie haben dazu geführt, dass Lehrkräfte zu wenig Zeit für Lehre und Förderung haben, weil dazu die notwendigen Strukturen fehlen. Für die Freien Demokraten ist klar: Sprache ist die Grundlage von Bildung und Bildung die Voraussetzung von Teilhabe. Kein Kind dürfe eingeschult werden, bevor es dem Unterricht sprachlich folgen kann, und kein Jugendlicher dürfe die Schule ohne ausreichende Deutschkenntnisse verlassen. Frühkindliche Sprachförderung müsse verpflichtender Bestandteil des Bildungssystems werden, gestützt durch gezielte Programme bereits im Vorschulalter. „Wer Sprache nicht versteht, kann Zusammenhänge und Hintergründe nicht begreifen, versteht keine Mathematik, keine Naturwissenschaften und auch keinen einzigen Arbeitsauftrag“, so Bierbrauer-Haupenthal. „Deshalb muss Sprache endlich als Bildungsgrundlage begriffen werden. Denn nur wer Sprache beherrscht, kann die Welt begreifen und sich sicher in ihr bewegen.“
Gleichzeitig warnt die FDP Saar vor einer Überforderung des Ausbildungssystems. Denn auch immer mehr Betriebe berichten, dass Schulabgänger nicht nur sprachliche und Wissenslücken haben, sondern auch soziale und kognitive Defizite mitbringen. Jugendliche seien häufig nicht in der Lage, logisch zu denken, Verantwortung zu übernehmen oder Aufgaben eigenständig zu lösen. „Ausbildung kann kein Reparaturbetrieb für schulische Versäumnisse sein“, betont Bierbrauer-Haupenthal. „Wenn Jugendliche das Einmaleins des Denkens, Kommunizierens und Zusammenlebens nicht mehr beherrschen, dann haben neben dem Elternhaus auch Schule und Politik ihren Auftrag verfehlt.“
Die FDP Saar fordert deshalb einen konsequenten Kurswechsel in der Bildungspolitik. So müssten z.B. Förderschulen als unverzichtbare Säule des Bildungssystems gesichert und modernisiert werden. Sie böten vielen Kindern mit besonderem Unterstützungsbedarf genau die Förderung, die in Regelschulen mit überlasteten Lehrkräften und zu großen Klassen unmöglich sei. „Nicht jede Inklusion ist pädagogisch sinnvoll, wenn die Ressourcen fehlen“, erklärt Bierbrauer-Haupenthal.
Auch das Leistungsprinzip müsse wieder Leitlinie des gesamten Schulsystems werden. Lehrkräfte bräuchten mehr pädagogische Freiheit, bessere Arbeitsbedingungen, digitale Entlastung und vor allem Zeit für ihre Schülerinnen und Schüler. Die FDP Saar betont: Zeit ist die Grundlage jeder erfolgreichen Lehrer-Schüler-Beziehung. Studien wie die internationale Hattie-Studie zeigen, dass genau diese Beziehung der wichtigste Faktor für Lernerfolg ist. Doch dafür fehle im Schulalltag zunehmend Raum und Zeit. Beziehungsarbeit finde kaum noch statt.
Die FDP Saar fordert daher kleinere Klassen, mehr Personal und eine radikale Entbürokratisierung, damit Lehrkräfte wieder das tun können, was laut Hattie den größten Effekt hat: lehren, fördern, zuhören und echte Kommunikation. „Darüber hinaus brauchen wir aber auch endlich wieder den Mut, Leistung klar zu fordern. Wenn immer mehr Kinder dem Unterricht nicht mehr folgen können, ist es unehrlich, an einer Art Einheitsschule für alle festzuhalten“, so Bierbrauer-Haupenthal.
Die Freien Demokraten fordern die Landesregierung auf, endlich zu handeln: durch verbindliche Sprachförderung, differenzierte Schulstrukturen, gestärkte Förderschulen und echte Entlastung der Lehrkräfte. „Wenn wir weiter zusehen, wie Kinder an Überforderung scheitern und Jugendliche ohne Abschluss in die Leere laufen, verlieren wir mehr als Schuljahre. Wir verlieren Zukunft“, warnt Bierbrauer-Haupenthal. „Bildung muss wieder Leistung, Förderung und Verantwortung verbinden, sonst verspielt das Saarland die Chancen einer ganzen Generation.“